Der Strompreis: Eine der wichtigsten Variablen im Hinblick auf die Bewertung einer Photovoltaik-Anlage
Die Strompreise sind in den letzten Jahren zunehmend in den Fokus der öffentlichen Diskussion gerückt. Sie betreffen jeden Haushalt, jedes Unternehmen und letztendlich auch die gesamte Wirtschaft.
In diesem Blogartikel erläutern wir folgende Fragen:
- Welche Strompreisentwicklungen gab es in den letzten 50 Jahren?
- Welche Entwicklungen können wir relativ sicher voraussagen?
- Was ist noch Spekulation?
- Was könnte uns erwarten? Eine Prognose
In den letzten 50 Jahren hat sich der Strompreis in Deutschland aufgrund verschiedenster Einflussfaktoren verändert. Nachfolgend ist ein grober Überblick über die Entwicklung des Strompreises der letzten 50 Jahre aufgeführt:
1970er Jahre:
In dieser Zeit waren die Strompreise in Deutschland relativ stabil und niedrig, da die Energie hauptsächlich aus Kohle- und Kernkraftwerken stammte.
1980er Jahre:
Die Ölpreiskrise der 1970er Jahre führte zu einer verstärkten Diversifizierung der Energiequellen und einer stärkeren Nutzung von Erdgas. Dies führte zu einem moderaten Anstieg der Strompreise.
1990er Jahre:
Nach der Wiedervereinigung Deutschlands stiegen die Strompreise weiter an, da die Integration der beiden Stromnetze und die Sanierung von veralteten Kraftwerken in Ostdeutschland hohe Kosten verursachten, die auf die Verbraucher umgelegt wurden.
2000er Jahre:
Die o.g. Faktoren führten zu einer stärkeren Förderung erneuerbarer Energien (z.B. Wind- und Solarenergie) und zu einem weiteren Anstieg der Strompreise. Dies lag teilweise daran, dass die EEG-Umlage, welche die Differenz zwischen den garantierten Einspeisevergütungen für erneuerbare Energien und den Marktpreisen abdeckt, auf die Verbraucher umgelegt wurde.
2010er Jahre:
In dieser Zeit stiegen die Strompreise weiter an, da die Energiewende beschleunigt wurde und Deutschland den Ausstieg aus der Kernenergie beschloss. Die Förderung von erneuerbaren Energien wurde weiter intensiviert und die EEG-Umlage erreichte zeitweise neue Höchststände. Andererseits führten der Ausbau von erneuerbaren Energien und der Rückgang der Großhandelspreise für Strom zu einer gewissen Entlastung der Verbraucher.
Insgesamt zeigt die Entwicklung der Strompreise in Deutschland in den letzten 50 Jahren einen allgemeinen Anstieg, der durch verschiedene Faktoren beeinflusst wurde, wie die Liberalisierung des Energiemarktes, die Energiewende, die Förderung erneuerbarer Energien und geopolitische Ereignisse. Zukünftige Entwicklungen der Strompreise hängen von vielen Faktoren ab, wie der weiteren Integration erneuerbarer Energien, Energieeffizienzmaßnahmen und Veränderungen in der globalen Energiepolitik.
Welche Entwicklungen können wir mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarten?
In den nächsten Jahren wird der Strompreis von verschiedenen Faktoren beeinflusst. Einige Entwicklungen lassen sich mit hoher Wahrscheinlichkeit vorhersagen:
- Energiewende und steigende Stromnachfrage:
Die Energiewende hin zu erneuerbaren Energien wird in vielen Ländern weiter vorangetrieben. Diese Umstellung erfordert Investitionen in neue Infrastrukturen wie Windparks, Solaranlagen und Speichertechnologien. Dies kann kurzfristig zu steigenden Strompreisen führen. Gleichzeitig steigt die Nachfrage nach Strom durch den vermehrten Einsatz von Elektromobilität und digitalen Technologien. - Schließung von Kohle- und Kernkraftwerken:
Im Zuge der Energiewende werden in vielen Ländern konventionelle Kraftwerke stillgelegt, um den CO2-Ausstoß zu reduzieren und den Anteil erneuerbarer Energien am Strommix zu erhöhen. Dies kann zu temporären Engpässen in der Stromversorgung führen, die sich auf die Strompreise auswirken. - Emissionshandel:
Die Preise für CO2-Zertifikate haben in den letzten Jahren zugenommen und werden voraussichtlich weiter steigen. Dies verteuert die Erzeugung von Strom aus fossilen Brennstoffen und kann somit ebenfalls zu höheren Strompreisen beitragen.
Wo beginnt die Spekulation?
Es gibt jedoch auch Faktoren, die sich nicht so leicht vorhersagen lassen und reiner Spekulation unterliegen:
- Politische Entscheidungen:
Gesetze, Subventionen und regulatorische Rahmenbedingungen haben einen großen Einfluss auf den Strompreis. Die zukünftige Energiepolitik kann sich je nach Land und Regierung stark unterscheiden und ist daher schwer vorhersehbar. - Technologische Durchbrüche:
Innovationen in der Energietechnik, wie zum Beispiel effizientere Solarmodule oder leistungsfähigere Batterien, könnten die Kosten für erneuerbare Energien drastisch senken. Solche Fortschritte sind jedoch schwer abzuschätzen und hängen von der Forschung und Entwicklung ab. - Klimawandel und Naturkatastrophen:
Extreme Wetterereignisse können zu einem Anstieg der Strompreise führen, indem sie beispielsweise die Versorgungssicherheit beeinträchtigen oder Infrastrukturen beschädigen.
Was könnte uns erwarten? Eine Prognose
Um die Frage beantworten zu können, haben wir die wesentlichen Unterschiede, die ein zukünftiger dezentraler (erneuerbarer) Strommarkt mit sich bringt, dem heutigen Markt gegenübergestellt
Aktueller Strommarkt | Zukünftiger Strommarkt | |
Marktanteile | Dominiert von konventionellen (Fossilen) Energieträgern | Dominiert von erneuerbaren Energien |
Initialkosten | Extrem hoch, für Kraftwerke und Energieträgerbeschaffung | Moderat bis niedrige Kosten für Beschaffung und Erzeugung |
Netz | Ausgelegt für relativ gleichbleibende Nutzlast | Benötigt die Fähigkeit Überspannungen dezentral zu mitigieren |
Preis | Entsprechend der Initialkosten gut planbar und relativ konstant steigend | Extreme Preisschwankungen nach Ort und Zeit sind zu erwarten |
Markt | Zentrales Marktgeschehen, wenige Marktteilnehmen haben Einfluss auf Preis | Dezentrales Marktgeschehen, viele Marktteilnehmer haben Einfluss auf Preis |
Produktion | Bedarfsgerechte Produktion | An Energiezufuhr gebundene Produktion |
Aufmerksamen Lesern wird bereits aufgefallen sein, dass die obige Gegenüberstellung vor allem auf einer Annahme fußt, nämlich, dass es in der mittelbaren Zukunft (10 Jahre) keine skalentaugliche Speichermöglichkeit von erneuerbaren Energien gibt. Wir gehen in der mittelbaren Zukunft nicht davon aus, dass überflüssiger Strom aus erneuerbaren Energien in großen (volkswirtschaftlich dienlichen) Mengen gespeichert werden kann.
Einen ersten Einblick in die Zukunft erhalten heutzutage all diejenigen, die bereits ein E-Auto besitzen und an verschiedenen Ladesäulen zu verschiedenen Tageszeiten tanken. Hier kann der Preis mitunter um bis zu 40% schwanken. Eine denkbare Entwicklung könnte sein, dass sich dieser dynamische Strompreis auch auf die Industrie und die Haushalte ausbreitet mit teils sehr wünschenswerten Preisvorteilen und teils tiefen Einschnitten in bestehende Strukturen wie Arbeitszeiten oder Produktionsstandorte.
Was heißt das für mich?
Wir rechnen damit, dass der Strommarkt vollkommener und dynamischer wird, weil dies in der Natur der Beschaffung von erneuerbaren Energien liegt. Das bedeutet, dass die grundsätzliche wirtschaftliche Bewertung einer PV Anlage nach wie vor nicht mit einer subjektiven Bewertung und alternativen Motiven (Unabhängigkeit oder Nachhaltigkeit) zu vermischen ist. Oder anders: Wer von dem oben beschriebenen Szenario zum Teil unabhängig sein möchte, der darf bei der Planung einer PV-Anlage auch genau das Unabhängigkeitsmotiv in den Vordergrund stellen.
Unabhängig davon kann man heute auch schon einen fragmentierten und dynamischen Strommarkt wahrnehmen, wenn man die Finanzierung von Haushalts-PV-Anlagen genauer betrachtet. De Facto wurde ab dem Jahr 2015 der konventionelle „aktuelle Strommarkt“ abgelöst. Bis dahin finanzierten sich PV-Anlagen noch beinahe ausschließlich über die Einspeisevergütung und dem faktischen Cashflow. Heute finanzieren sich PV-Anlagen überwiegend über den eigenverbrauchten Strom (dem sog. Eigenverbrauchsanteil) und damit durch einen imaginär eingesparten Strompreis, der sich wie oben dargestellt rasch ändern kann. Das bedeutet, dass heute mehr als früher die Ausgangslage genau untersucht werden darf, um eine sinnvolle Entscheidung für oder gegen eine PV-Anlage treffen zu können.